«Erfolgreiche Lehrabschlüsse!» oder «Geht psychische Gesundheit durch das Portemonnaie?»

«Erfolgreiche Lehrabschlüsse!» oder «Geht psychische Gesundheit durch das Portemonnaie?»

Diese Woche haben zahlreiche Lernende ihren erfolgreichen Lehrabschluss gefeiert (oder sind noch dran) und man liest überall auf Social Media «Bestanden!». Für alle Beteiligten ist dies ein ganz wichtiges Ereignis, das zurecht gebührend gefeiert werden soll.

Doch inmitten all dieser Freude und Aufregung gibt es einen 19-Jährigen, der feiert wahrscheinlich etwas mehr als andere:
Im Mai kontaktierte mich seine Mutter: Ihrem Sohn ginge es sehr schlecht, er ist niedergeschlagen und hat bereits versucht, sich das Leben zu nehmen. Er war seitdem in ambulanter Behandlung im Kriseninterventioneszentrum (KIZ), seine Situation verbesserte sich aber nicht. Er stand kurz vor dem Lehrabschluss, es war einfach alles zu viel für ihn: Es fehlte ihm an einem Plan, wie er durch die Prüfungen kommen kann. Er war völlig blockiert. Die Mutter war verzweifelt und suchte dringend einen Therapieplatz, fand aber keinen.

Ich konnte nur ein psychologisches Coaching und Lerncoaching anbieten, aber keine Therapie. Und anbieten ihm «einfach» zuzuhören.
Es brauchte schlussendlich nicht viel: Strukturieren, Lernstrategien vermittelt, einfach reden lassen und für ihn wurde der Weg zum Qualifikationsverfahren (QV) sichtbar. Und den ging er dann auch.
Die Unterstützung hat der Familie viel Geld gekostet: Die Krankenkassen übernehmen kein psychologisches Coaching, geschweige denn ein Lerncoaching.

Und das hinterlässt mich fassungslos:
Wie ist es möglich, dass die Krankenkassen psychologisches Coaching nicht finanzieren? Wie kann es sein, dass ins eigene Portemonnaie gegriffen werden muss, wenn keine therapeutische Behandlung erforderlich bzw. möglich ist, aber dennoch Psychologen gefragt sind? Was machen Personen, die sich Psychologen nicht leisten können?

Ich fordere das Bundesamt für Gesundheit BAG und die Krankenkassen (hier nur eine kleine Auswahl: SWICA, Helsana Versicherungen AG, CSS, AXA, Sanitas, Groupe Mutuel, Visana Krankenversicherung, ÖKK) auf, ihre Haltung zu überdenken und die Finanzierung von nichttherapeutischer aber Leistungen von Psychologen im Sinne einer Gesundheitsprävention zumindest über die Zusatzversicherungen zu ermöglichen.
Psychologen leisten einen wichtigen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur psychischen Gesundheit!